00:00:01: Guten Tag. Auch heute möchte ich ihnen wieder eine  Episode aus meinem Buch Gottlose Type vorstellen.  

00:00:10: Sie ist überschrieben mit "Dein Wort sei". 2007  hatte mich die Hannah-Arendt-Stiftung eingeladen. 

00:00:21: Das Thema ihrer Tagung war  die »Krise der repräsentativen 

00:00:26: Demokratie«. Ich bekräftigte in meinem Beitrag den Befund. Dafür  

00:00:32: gibt es zahlreiche Gründe, objektive und subjektive. Auch der Bundestag, die 

00:00:39: höchste legitimierte Repräsentanz  in der Bundesrepublik 

00:00:43: Deutschland, lasse mit sich spielen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte zu rot-grünen 

00:00:51: Zeiten (1998–2005) gleich  zwei Mal so ein Trauerspiel 

00:00:58: aufführen lassen – mit Erfolg  für sich, zu Lasten der 

00:01:03: Demokratie. 2001 ging es  

00:01:07: um die Zustimmung zu einem umstrittenen Kriegseinsatz der Bundeswehr. So weit, so 

00:01:13: ohnehin schlecht. Obendrein  verknüpfte er die Militärabstimmung  

00:01:19: mit einem Vertrauensvotum in eigener Sache. Und so wurde es schizophren. Wer den 

00:01:26: Bundeswehreinsatz wollte, zum  Beispiel die Unionsparteien 

00:01:30: CDU und CSU, aber aus Parteiräson gegen den SPD-Kanzler war, musste mit Nein stimmen. Wer 

00:01:39: gegen den Einsatz der Bundeswehr  war, aber aus Koalitionsdisziplin 

00:01:43: für den SPD-Kanzler sein musste, stimmte mit Ja. 

00:01:48: »Dein Wort sei Ja-Ja oder Nein-Nein«, heißt es in der Bibel. Im beschriebenen Fall lagen  

00:01:58: die Voten mit allen Geboten  

00:02:01: über Kreuz. Die Bürgerinnen und Bürger verstanden, nahmen übel und wurden darob von 

00:02:07: Politikern als demokratiefern gescholten. Dümmer geht’s nimmer. Oder doch? 

00:02:14: Dasselbe trifft übrigens  auf die vorgezogene Neuwahl 

00:02:18: des Bundestages 2005 zu. Vorausgegangen war eine herbe Niederlage der SPD bei den Landtagswahlen 

00:02:26: in Nordrhein-Westfalen. Es war Flaute im eigenen Laden. Um seine SPD auf Trab zu bringen und sie 

00:02:36: unisono auf seine umstrittene  »Agenda 2010« inklusive 

00:02:41: »Hartz IV« einzuschwören, leitete Bundeskanzler Gerhard 

00:02:46: Schröder kurzerhand die Auflösung des Bundestages und Neuwahlen in die Wege. Gewiss: 

00:02:55: DIE LINKE hatte davon  profitiert. Ihre Geburtsstunde 

00:02:59: nahte. Aber beide Schröder-Tricks  hatten schon absolutistische 

00:03:05: Züge. Mit einem besonderen Schmankerl zu diesem Theater 

00:03:09: überraschten 2001 übrigens Bündnis 90/Die Grünen. Acht oder sogar zehn Abgeordnete  

00:03:18: waren gegen besagten Auslandseinsatz der Bundeswehr. Aber maximal 

00:03:24: vier Fraktionsmitglieder durften mit Nein stimmen, sollten die rot-grüne  

00:03:30: Koalition und Gerhard Schröder als Kanzler nicht gefährdet werden. Eine Quadratur 

00:03:36: des Kreises? Nicht bei den Grünen! Sie ließen ihre Abweichler losen. Vier Gewinner durften mit Nein 

00:03:44: stimmen, die Looser mussten Ja sagen. Christian Ströbele 

00:03:50: hatte übrigens Schwein, wie der Berliner sagt. Er durfte Friedensfreund bleiben. Ich gestehe,  

00:04:00: ich hätte mir nicht vorstellen können, nach  dem Neuwahlen im Jahr 2005, nachdem eine starke  

00:04:07: Parlamentarische Linke in den Bundestag einzog  und 2007 die Partei die Linke gegründet wurde,  

00:04:14: dass ich im Jahr 2020 immer noch über Hartz IV  reden muss. Meine Fraktion, die Linksfraktion im  

00:04:23: Bundestag, hat in diesen Tagen vorgerechnet, dass  diejenigen die auf Unterstützung angewiesen sind,  

00:04:31: also Hartz IV beziehen, aufstocken müssen  oder die Mindestsicherung im Alter bekommen,  

00:04:39: nicht einmal das Existenzminimum ausgezahlt  bekommen um in Würde sich gesund ernähren zu  

00:04:48: können und ihr Dach über dem Kopf finanzieren  zu können. Wir haben bis zu dem Punkt wo wir  

00:04:56: Hartz IV überwinden und eine sanktionsfreie,  ordentliche, armutsfeste Mindestsicherung  

00:05:03: einführen einen Vorschlag gemacht, wie man  wenigstens die Würde dieser Menschen bezahlen  

00:05:11: kann. Schauen sie also nicht nur auf meiner Seite  vorbei, sondern auch unter www.linksfraktion.de