00:00:01: Guten Tag! Auch heute kommt wieder eine Episode aus meinem Buch Gottlose Type
00:00:09: frei Haus zu ihnen. Sie ist überschrieben mit "CSU Premiere". »Könntest du dir vorstellen,
00:00:20: für DIE LINKE als Vizepräsidentin des Bundestages zu kandidieren?« Das fragte
00:00:27: mich Lothar Bisky Anfang 2006. Er selbst war Ende 2005 viermal mit Mehrheit
00:00:36: des Bundestages nicht gewählt worden. Es war eine Schande. Danach hatte die
00:00:41: Fraktion DIE LINKE beschlossen, »ihren« Platz im Präsidium
00:00:45: vorerst verwaist zu lassen, aus Protest. Aber das war natürlich ein schwacher, den ohnehin
00:00:53: niemand wahrnahm.
00:00:55: Nun also ich? Ich erbat Bedenkzeit. Dann sagte ich zu, für einen einzigen Wahlgang,
00:01:05: mehr nicht. Er ging gut aus. Am 7.
00:01:09: April 2006 erhielt ich die Zustimmung der Mehrheit des Bundestages, also auch Zuspruch
00:01:18: aus den Reihen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen.
00:01:26: Obwohl zwei Tage zuvor noch drei Abgeordnete der Grünen versucht hatten,
00:01:33: mir eine Stasi-Verstrickung anzudichten. Ihre vermeintlich sichere Quelle
00:01:39: sei Hubertus Knabe, der Direktor der »Gedenkstätte Hohenschönhausen«,
00:01:43: meinten sie. Doch ihr gestreutes Gerücht gegen mich zerstob. Gleichwohl war ich
00:01:51: erschüttert. Bei mir entschuldigt haben sich die drei
00:01:55: Grünen übrigens bis heute nicht. Andere taten es, obwohl
00:02:00: sie an der Intrige nicht beteiligt waren. Nach meiner Wahl zur Vizepräsidentin outete
00:02:08: sich sogar ein CSU-Abgeordneter. »Ich habe für sie gestimmt, Frau Pau, und damit erstmals in meinem
00:02:15: Leben für eine Kommunistin.« Er war so stolz ob seines
00:02:21: Mutes. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Also ließ ich die »Kommunistin« einfach stehen, obwohl ich
00:02:29: mich als demokratische Sozialistin fühle. So hatten wir
00:02:34: beide einen guten Tag. Inzwischen sind wir ein paar Jahre weiter. Ich bin noch immer
00:02:43: Vizepräsidentin des Bundestages, inzwischen Dienstälteste, und könnte viele Geschichten
00:02:49: aus meinem parlamentarischen Alltag erzählen. Aber ich glaube inzwischen hat auch dieser
00:02:57: CSU Abgeordnete mitbekommen was ich unter "Links sein" und demokratische Sozialistin
00:03:04: im 21. Jahrhundert sein verstehe. Ich habe das übrigens mithilfe der Rosa-Luxemburg
00:03:11: Stiftung auch aufgeschrieben und sie können es nachlesen. Auf meiner Webseite oder auch
00:03:19: in Broschürenform bei der Rosa-Luxemburg Stiftung "Links sein im 21. Jahrhundert".